Fotos: Mileder, Friedl, Kuzmits
Die Mehrheit der Wähler im Bezirk ist weiblich, die große Mehrheit der Gemeinderäte stellen aber die Männer. Und unter den 28 Bürgermeistern finden sich nur zwei Frauen. Die positive Nachricht: Von Wahl zu Wahl steigt die Zahl der Gemeinderätinnen im Mittelburgenland. Eine exklusive Analyse und ein Ranking der Gemeinden.
Mag. Viktoria Kuzmits aus Kroatisch Geresdorf ist neu im Gemeinderat von Nikitsch. Sie ist eine der 154 Frauen im Bezirk, die vor zwei Jahren in den Gemeinderat gewählt wurden. „Ich war vorher bei der Jungen Volkspartei und habe dort miterlebt, dass man nur etwas bewegen kann, wenn man dabei ist. Meine Leidenschaft zur Politik kommt auch aus dem Elternhaus, mein Vater war lange Jahre Gemeinderat und Vizebürgermeister.“ Die 26-jährige Viktoria unterrichtet Englisch und Russisch an einer Tourismusschule in Wien.
Der Frauenanteil im Bezirk liegt bei 27 Prozent – und damit höher als der Burgenland-Durchschnitt und deutlich höher als der Österreich-Durchschnitt. Bei der ÖVP liegt der Frauenanteil im Bezirk bei fast 28 Prozent, bei der SPÖ bei 22,5 Prozent.
Weingraben ist stolz
An der Spitze der 28 Gemeinden des Bezirks steht die 360-Einwohner-Gemeinde Weingraben. Hier ist mehr als die Hälfte der Gemeinderatssitze mit Frauen besetzt. Weingraben ist eine von drei burgenländischen Gemeinden mit Frauen-Mehrheit. Bürgermeister Peter Kohlmann von der SPÖ ist stolz auf seine Gemeinde: „Ich habe schon bewusst darauf geschaut, dass Frauen in meinem Team der SPÖ dabei sind. Ebenso auch verschiedene Altersklassen. Dass die ÖVP auch mehr Frauen hat, macht unsere Spitzenposition aus.”
Lackendorf sucht Frau
Eine Gemeinde im Bezirk ohne eine einzige Frau im Gemeinderat: Lackendorf. Der Bürgermeister der 600-Einwohner-Gemeinde Werner Hofer von der SPÖ bedauert diese Situation: „Leider ist es so. Es wird immer schwieriger, jemanden für den Gemeinderat zu finden – egal ob Mann oder Frau. Wir bemühen uns immer, dass Frauen an wählbarer Stelle kandidieren können. Zuletzt ist es nicht gelungen.“ Werner Hofer ist sich persönlich keiner Schuld bewusst: „Frauen helfen in der Gemeinde tatkräftig mit, aber keine will sich an die politische Front stellen.“
Fotos: Mileder, Friedl, Kuzmits
Zwei Bürgermeisterinnen
Je höher das politische Amt in der Gemeinde, desto niedriger der Frauenanteil. Die zwei Bürgermeisterinnen im Bezirk machen gerade einmal sieben Prozent der Gemeinde-Chefs aus. Im ganzen Burgenland sieht es nicht besser aus: In den 171 Gemeinden stehen 12 Bürgermeisterinnen an der Spitze.
Seit 13 Jahren ist Klaudia Friedl Bürgermeisterin von Steinberg-Dörfl. Die SPÖ-Nationalratsabgeordnete war davor schon Gemeinderätin und Vizebürgermeisterin. Die 56-jährige Politikerin kennt die schönen und auch die Schattenseiten des Amtes: „Ich würde mich wieder aufstellen lassen. Das Amt ist allerdings sehr anstrengend, weil sehr viele Termine wahrzunehmen sind und weil die Leute sehr kritisch werden. Die Familie und die Politik sind schwer unter einen Hut zu bekommen. Bei manchen Familienfeiern bin ich nicht dabei. Privat muss ich auf vieles verzichten.“ In Summe überwiege aber das Positive, meint Friedl, die Frauen motivieren will, in die Gemeindepolitik zu gehen: „Ich verstehe die Zurückhaltung vieler Frauen, weil sie ihre Familien vor der Öffentlichkeit schützen wollen. Dennoch muss ich sagen: Bürgermeisterin ist ein vielseitiger Beruf.“ Als Gemeinderätin kann man starten.
Erst seit zwei Jahren Bürgermeisterin ist Angelika Mileder aus Frankenau-Unterpullendorf. Die ÖVP-Politikerin ist 47 Jahre alt und eine von vier ÖVP-Bürgermeisterinnen im Burgenland. Die gelernte Schneidermeisterin war vor ihrer Wahl eine Periode im Gemeinderat: „Ich habe meine Zusage mit der Familie abgeklärt. Ich bereue es nicht, obwohl man Schläge einstecken muss.“ Mileder will gezielt mehr Frauen für den Gemeinderat gewinnen, ein paar konnte sie schon überzeugen: „Ich glaube, dass Frauen mehr bewirken können, weil sie einfühlsamer sind und flexibler. Frauen trauen sich auch mehr. Und wenn man wirklich will, lässt sich die Politik mit der Familie vereinbaren.“ Die Bürgermeisterin gibt aber zu, dass es schwierig ist: „Gemeindepolitik ist nach wie vor eine Männerdomäne. Ich persönlich kann mich durchsetzen, auch weil ich mit drei Brüdern aufgewachsen bin.“
Mehr Frauen erwünscht
Die beiden „Großparteien“ in den Gemeinderäten, ÖVP und SPÖ, sind mit dem Frauenanteil noch nicht zufrieden. Der ÖVP-Bezirksparteiobmann, Nationalratsabgeordneter DI Nikolaus Berlakovich, will mehr Frauen und Männer dazu bewegen, sich politisch zu engagieren: „Politik soll repräsentativ sein für die Bevölkerung. Eindeutig ist, dass der Frauenanteil in den letzten Jahren gesteigert werden konnte, dass die Frauen verstärkt bereit sind, sich einzubringen und die Gemeinde mitzugestalten. Das finde ich gut.“
Die ÖVP verzeichnet im Mittelburgenland seit der letzten Wahl in den Gemeinderäten einen Frauenanteil von 28 Prozent, die SPÖ einen von 22,5 Prozent. Der neue SPÖ-Bezirksparteivorsitzende, Landesrat Mag. Heinrich Dorner, freut sich über die leichte Steigerung in den letzten fünf Jahren: „Unser Ziel muss es sein, in den nächsten Jahren die Quote weiter zu steigern, damit die SPÖ auch auf lokaler Ebene weiblicher wird.“
Die Mehrheit der Wähler im Bezirk ist schon weiblich, nämlich mit 51 Prozent. Zum Vergleich: Die Mehrheit der Gemeinderäte stellen mit 73 Prozent die Männer. Die Mehrheit ist in der Minderheit.
Frauen im Gemeinderat
Mehr als 50 %
53,9 % Weingraben
30 bis 50 %
47,6 % Steinberg-Dörfl
42,9 % Neutal
41,2 % Raiding
40,9 % Frankenau-Unterpullendorf
36,4 % Stoob
34,1 % Oberpullendorf
33,3 % Kaisersdorf
30,8 % Deutschkreutz
10 bis 30 %
29,4 % Piringsdorf
28,0 % Weppersdorf
27,8 % Lutzmannsburg
26,9 % Lockenhaus
26,7 % Ritzing
26,7 % Unterrabnitz-Schwendgraben
25,0 % Horitschon
25,0 % Mannersdorf
23,8 % Draßmarkt
23,5 % Oberloisdorf
19,1 % Markt St. Martin
18,2 % Lackenbach
17,4 % Kobersdorf
17,4 % Pilgersdorf
16,7 % Nikitsch
14,3 % Großwarasdorf
14,3 % Neckenmarkt
13,3 % Unterfrauenhaid
0 % Lackendorf
Es gibt 570 Gemeinderäte (inklusive Ersatz-Gemeinderäte) im Bezirk Oberpullendorf. Davon sind 154 Frauen, ergibt einen Frauenanteil von 27 %.