Fotos: Tesch
Das Ibiza-Video hat große politische Folgewirkungen in Österreich gezeigt. Und die Suche nach den Herstellern rückt
eine Berufsgruppe in den Mittelpunkt: die Detektive. Hans Tesch hat die beiden mittelburgenländischen Berufsdetektive getroffen und mit ihnen über das Video und ihren Job gesprochen.
„Ein Ibiza-Video? Ich würde es nicht machen, auch wenn man mir viel Geld bietet“, sagt Detektei-Chef Stefan Weber aus Weingraben. „Technisch ist es ganz einfach. Hexerei ist es keine, überhaupt nicht!“ Ganz ähnlich äußert sich Oskar Schlapschy, Berufsdetektiv aus Rattersdorf: „Was erlaubt ist, wird gemacht. Als seriöser Detektiv muss man solche Aufträge wie das Ibiza-Video aber ablehnen.“
„Ich war der Platzhirsch!“
Stefan Weber verfolgt die Video-Diskussion auch aus einem anderen Grund. Mit einem der mutmaßlichen Ibiza-Video-Detektive hat er früher einmal zusammengearbeitet. „Wir waren beide Angestellte, Anfang der 90er-Jahre, 92, 93“, sagt Weber. Dem damaligen Kollegen hätte er die Verstrickung in den konkreten Fall „nicht zugetraut“.
Webvtec nennt sich die Detektei, die von Weingraben aus mit vier Mitarbeitern Aufträge in ganz Österreich ausführt. Zum Gespräch mit BURGENLAND MITTE kommt der Firmenchef aus Salzburg und erinnert sich an seine erfolgreichen Jahre: „Ich war groß im Geschäft, habe für große Einkaufszentren gearbeitet und dort sogar den Sicherheitsdienst überwacht.“ Sein Detektiv-Büro habe bis vor 12 Jahren 26 Mitarbeiter gehabt – und auch einen Sitz in Graz und in Wien: „Ich war damals der Platzhirsch.“
In der Branche hat Weber, der zuvor Abteilungsleiter in einer Armaturenfabrik war, vor 25 Jahren mit Aufträgen für Überwachungen begonnen: „Damals waren in den Geschäften noch nicht so viele Kameras installiert. Ich habe sogar eine Prämie für jeden Ladendieb bekommen“, denkt Weber mit einem Schmunzeln an die Anfänge. „Ich war nur unterwegs. Wir haben alles abgedeckt. Vom Verdacht auf Personaldiebstahl bis zu verdeckten Überwachungen. Wir haben Seitensprung-Beweise gesucht und persönliche Erkundungen durchgeführt, ob zum Beispiel die Nichte etwas mit Drogen zu tun hat.“
50 Euro pro Stunde
Oskar Schlapschy verdient in erster Linie sein Geld mit Untreue und Ehebrüchen. „Ungefähr gleich viele Frauen und Männer zählen zu meinen Kunden. Und alle brauchen gerichtlich verwertbares Beweismaterial für die Vermögensaufteilung bei der Scheidung.“ Kontaktiert wird er via Internet, über das Branchenverzeichnis oder von Rechtsanwaltskanzleien, mit denen er zusammenarbeitet. Dann spricht sich der Detektiv mit dem Klienten ab, um sich auf die „Zielperson“ einstellen zu können: Wie ist der Ehepartner gestrickt? Wie ist er psychisch drauf?
Oft ist es mit einem Einsatz von drei bis vier Stunden abgetan. Wenn ein besonders vorsichtiger Typ zu observieren ist, kann es Monate dauern. Bezahlt wird nach erfolgter Leistung – nach Bericht und Abrechnung. „Es werden Stunden und Kilometergeld verrechnet, oder es wird im Vorhinein eine Pauschale vereinbart.“ Etwa 50 Euro pro Stunde verlangt Schlapschy bei Observierungen.
Verdeckte Video-Überwachungen
Auf der Firmenwebsite von Stefan Weber erkennt man schon, wo jetzt – mit vier Mitarbeitern – seine Schwerpunkte liegen. Er bietet digitale Überwachungsanlagen zum Kauf an. Im Set gibt es zum Beispiel einen Digitalrecorder, neun Farbkameras und einen Farbmonitor schon um 1.900 Euro zu kaufen. Und auch die Montage übernimmt seine Firma.
Weber gilt als Spezialist für die Installation von verdeckten Video-Überwachungsanlagen. „Die eingesetzten, extrem kleinen Kameras können überall fast ‚unsichtbar’ installiert werden. Die Aufzeichnung erfolgt durch einen digitalen Bildspeicher mit integriertem ‚Wasserzeichen’. So können keine nachträglichen Veränderungen der Aufnahmen vorgenommen werden“, weiß der Experte und stellt eines rechtlich klar: „Eine verdeckte Video-Überwachung ist bei begründetem Verdacht von Straftaten grundsätzlich zulässig. Oftmals ist es das letzte Mittel, um Straftaten aufzuklären.“
Service für Supermärkte
Schon seit seinen ersten Tagen als Detektiv hat Stefan Weber für große Supermärkten und Handelsketten gearbeitet. Bis heute. Waren es früher vor allem Video-Überwachungen gegen Ladendiebstahl und verdeckte Überwachungen bei vermutetem Personaldiebstahl oder Krankenstandskontrollen, so sind es heute sehr oft Datensicherungen. Hier sei höchste Flexibilität gefragt: „Bei Raubüberfällen in Supermärkten muss die Datensicherung binnen 24 Stunden erfolgen. Hier wird unter Zeitdruck gearbeitet. Das Video-Material darf nämlich maximal 72 Stunden gespeichert sein“, erklärt Weber, der nach der Sicherung das Material der Polizei übergibt.
Als Ermittler unterwegs
Oskar Schlapschy war lange Zeit bei der Zollwache und bei der Polizei. Vor mehr als sechs Jahren hat er das reglementierte Gewerbe angemeldet und ist meist als Ermittler unterwegs: „Erfolgreicher ist man, wenn sich zu Observierende weiter weg vom Wohnort aufhalten, zum Beispiel in einem anderen Bundesland. Dort fühlt er oder sie sich nicht verfolgt.“ Und worauf ist Schlapschy besonders stolz? „Im besten Fall ist der ermittelte Beweis so kompromittierend, dass sich der oder die Betroffene nicht vor Gericht zu gehen traut, um zum Beispiel die ‚In-flagranti’-Fotos nicht öffentlich zu machen.“
Vor Gericht gelten nicht nur Fotos als Beweismaterial, auch die mündlich vorgetragene Beobachtung eines Detektivs zählt. Hilfreich bei der Zeugenaussage ist – so Schlapschy – jedenfalls ein detaillierter Bericht, mit Datum und exakten Uhrzeiten.
Mit seinen aufgeklärten Fällen ist der Berufsdetektiv zufrieden: „Ich habe genügend ertappt“, sagt er und verweist darauf, dass auch etwas Glück dazu gehört: „Einmal habe ich auch einen richtigen Schwerverbrecher erwischt. Er wurde polizeilich gesucht; ich habe ihn bei einem Diebstahl gestellt.“
Falsches Bild aus TV-Serien
Es gibt viele beliebte Fernseh-Detektive wie Josef Matula oder Georg Wilsberg. Die Wirklichkeit sei aber anders, meint Schlapschy: „Die TV-Detektive vermitteln ein falsches und unrealistisches Bild, vor allem bei Verfolgungsjagden mit dem Auto in einer Stadt.“
Schon das Observieren kann schwierig sein, sagt Schlapschy und nennt ein Beispiel aus Graz: „Bei einer Observation zur Aufklärung einer Einbruchsserie bin ich öfters mit meinem Auto in einer Seitenstraße gestanden. Anrainern ist mein burgenländisches Kennzeichen aufgefallen, und das haben sie der Polizei gemeldet.“ Das habe sich schnell aufklären lassen. „Wenn man auf keinen Fall auffallen darf – bei einem heiklen Fall, wo es um viel geht – nimmt man einen Leihwagen aus der Region. Das kommt aber teurer.“
Ein Traumberuf?
Der Beruf des Detektivs ist in Österreich – anders als in Deutschland – streng reglementiert. So ist eine Befähigungsprüfung abzulegen, bei der auch die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen der Detektiv-Arbeit abgefragt werden.
Die Unterschiede zwischen Theorie und Wirklichkeit sind bei diesem Beruf sehr groß, wie viele Beispiele zeigen. Bei Überwachungen verwenden Detektive oft GPS-Geräte mit starkem Magnet, das auf der Bodenplatte des Pkws befestigt wird. So wird die Autofahrt auf einem Handy verfolgbar. Bei fremden Autos ist das verboten! Hat sich Stefan Weber immer an solche Vorschriften gehalten? Seine Antwort fällt kryptisch aus: „Als Detektiv musst du Resultate vorweisen. Was immer du dafür tust, draufkommen dürfen sie dir nicht!“
Knopflochkamera und Prinzipien
Einsteigen auf ein Grundstück? „Im Prinzip nicht!“, sagt Oskar Schlapschy und zeigt ein paar Hilfsmittel aus seiner Detektiv-Ausrüstung: Sein Videoaufzeichnungsgerät ist ein am Körper tragbarer digitaler Minirekorder mit Knopflochkamera für Hemden und Blusen; klein, mobil und äußerst unauffällig in der Handhabung. Anders seine wuchtige Kamera mit enormer Brennweite: „Die digitale Kamera mit Riesenzoom ist sehr praktisch. Auch aus einer Entfernung von 100 Metern liefert sie noch beste Bilder.“ Gute Hilfsmittel sind für den Ermittler aus Rattersdorf sehr wichtig: „Manchmal hat man nämlich nur eine einzige Chance für einen Beweis!“
Stefan Weber, der Detektiv aus Weingraben, kennt und schätzt die beruflichen Hilfsmittel und Tricks. Dessen ungeachtet lässt er sich bei seiner Arbeit von klaren Prinzipien leiten: „Ich nehme keine Aufträge von Bekannten an. Rechtsanwälte von Mandanten frage ich, was genau gebraucht wird. Und ich frage immer, was jemand mit dem Material macht, das ich besorgen soll.“
Technisch ist das Ibiza-Video keine Besonderheit. Hinsichtlich Vorgangsweise und Prinzipien sind rund um die Produktion und die Veröffentlichung – auch für die beiden Detektive – viele Fragen offen.