Im Hintergrund sieht man die Windräder von Deutschkreutz. / Foto: Kelag
Eine junge Klima-Aktivistin aus Schweden bewegt die Welt. Greta Thunberg hat die Freitags-Demonstrationen für eine nachhaltige Klimapolitik ins Leben gerufen. Und in einer Wutrede vor der UNO hat sie den Politikern Versagen vorgeworfen. Mit dem Mittelburgenland hätte Greta ihre Freude: Eines ihrer Ziele wird nämlich gerade im Bezirk umgesetzt: mehr Strom aus Windkraft. In Nikitsch und Deutschkreutz werden die Windparks ausgebaut. Hans Tesch über die Pläne für mehr Öko-Strom aus der Region.
Das Hochplateau von Nikitsch an der Grenze zu Ungarn. Auf der Ebene neben dem Wald drehen sich die neun Windräder langsam im Uhrzeigersinn. Und mittendrin wird an zwei großen Baustellen gearbeitet, an einer mit einem Riesenkran. „Der Windpark wird um zwei Windräder erweitert. Zu den bestehenden neun kommen zwei größere dazu. Nikitsch hat demnächst 11 Windräder“, freut sich der Nikitscher Bürgermeister Johann Balogh von der SPÖ. Kein Wunder: Die zwei neuen Windräder bringen nicht nur den Grundstückseigentümern Geld. Sie sind eine höchst notwendige Aufbesserung seines sonst eher kargen Gemeindebudgets.
Zwei neue Windräder in Nikitsch
Dr. Bernd Neuner, Vertreter des Kärntner Windpark-Mehrheitseigentümers KELAG, beschreibt die neuen Anlagen: „Die Windräder vom Typ Enercon 103 sind etwas größer als die bisher gebauten. Die Rotorblätter haben einen Durchmesser von 103 Metern, die Turmhöhe liegt bei 138 Metern – zwei Meter höher als der Wiener Stephansdom. Die Höhe wird insgesamt knapp unter 200 Metern sein.“ Neuner erwartet sich viel von der technischen Aufrüstung: „Auch bei schlechterem Wind wird eine höhere Leistung produziert. Allein mit den beiden neuen, größeren Anlagen können ungefähr 4.000 Haushalte mit Strom versorgt werden.“
Der Windpark Nikitsch gehört zu 75 Prozent der Kärntner Energiegesellschaft KELAG. Diese hat vor fünf Jahren 100 Prozent von der Raiffeisen-Leasing gekauft, welche den Windpark unmittelbar davor errichtet hatte. Im Zuge einer Art Tauschgeschäft wurden 25 Prozent in Nikitsch an die Energie Burgenland abgetreten. Die KELAG hat im Gegenzug von der Energie Burgenland unter anderem eines der neun Deutschkreutzer Windräder bekommen.
Mehr aus Deutschkreutz herausholen
So weit wie in Nikitsch ist man im Windpark Deutschkreutz noch nicht. Die Energie Burgenland Windkraft – der Betreiber – projektiert gerade. Im Blickpunkt der Veränderungen stehen die sieben älteren Windräder, die vor 14 Jahren in Betrieb gegangen sind. Die Anlagen mit einer Turmhöhe von 100 Metern sollen ausgetauscht werden. „Repowering“ nennt es Ing. Wolfgang Trimmel, der technische Geschäftsführer der Energie Burgenland Windkraft: „Der Windpark soll effizienter und leistungsfähiger werden. Auf dieser Fläche, die schon als Windkraft-Eignungszone festgelegt ist, kann man das Zweifache der jetzigen Energiemenge herausholen, indem einfach die technischen Möglichkeiten genutzt werden.“ In Deutschkreutz würden keine größeren Flächen zusätzlich benötigt. Allerdings müssten die Standorte leicht verändert werden, um etwa einhundert Meter verschoben werden, deutet Trimmel an: „Bis 2021 sollten Widmungen, Behördenrecherchen und alle Umweltverträglichkeitsprüfungen erledigt sein.“
Windräder bringen Geld
LBL-Landtagsabgeordneter Manfred Kölly, der Bürgermeister von Deutschkreutz, sieht sich als Windkraft-Pionier im Bezirk. Auch jetzt könne die Windkraft Burgenland auf die Gemeinde zählen: „Der Gemeinderat hat die Voraussetzung für das sogenannte Repowern geschaffen, die nötigen Beschlüsse sind gefasst. Der Windpark-Betreiber kann mit dem Aufrüsten beginnen.“ Und Deutschkreutz werde über die Energie Burgenland auch am künftigen Projekt für wasserstoffbetriebene Busse mit dem ÖBB-Postbus teilnehmen. Für die Gewinnung von Wasserstoff aus Windstrom würden Elektrolyse-Anlagen benötigt, deutet Kölly an.
Der Bürgermeister freut sich über den geplanten Innovationsschub: „Es wird auf jeden Fall mehr Windstrom aus Deutschkreutz geben. Das Projekt soll in den nächsten fünf Jahren umgesetzt werden. Nach Abschluss der Bauarbeiten sollen zwischen sieben und zwölf Windräder dort stehen, wo derzeit neun sind. Wenn es weniger sind, wird es dennoch mehr Leistung geben. Das heißt: Auch für die Gemeinde wird es mehr Geld geben.“ Immerhin sei es ein fünfstelliger Betrag pro Windrad pro Jahr, deutet Manfred Kölly an. Und er vergisst nicht auf den Nutzen für andere hinzuweisen. Die Eigentümer der Grundstücke bekämen einen sehr attraktiven jährlichen Pachtzins – Anmerkung: in Summe ähnlich viel wie die Gemeinde – und auch das Land profitiere. „Mit den Windrädern aus Deutschkreutz können wir den Strombedarf von zwei burgenländischen Bezirken abdecken“, hebt der Bürgermeister hervor.
So weit ist es mit den größeren Windrädern und der besseren Stromausbeute aber noch nicht. „Vor 2025 wird in Deutschkreutz nichts gebaut werden. Die zu ersetzenden, älteren Anlagen wären dann 20 Jahre in Betrieb gewesen“, ergänzt Windkraft-Geschäftsführer Trimmel von der Energie Burgenland.
Das sei aber nicht alles, meint Bürgermeister Kölly: „In Deutschkreutz sind auch ganz neue Flächen für Windräder angedacht.“
Gemeinden prüfen Standorte
Ohne Eignungszone keine Windräder. Ohne Windräder keine Geldflüsse an die Gemeinden. Das könnte die Erklärung dafür sein, dass gleich zehn Bürgermeister des Bezirkes Zonen ihrer Gemeinde als konkrete Standorte prüfen lassen möchten – um diese dann eventuell als Windkraft-Eignungszonen umzuwidmen. Das bestätigt Mag. Peter Zinggl, der Chef der Raumordnung im Amt der Burgenländischen Landesregierung gegenüber BURGENLAND MITTE: „Die Vorarbeiten starten. Es werden regionale Entwicklungsprogramme – ein eigenes für das Mittelburgenland – erarbeitet, in die auch die Windkraft miteinbezogen wird.“ Das Land habe den Gemeinden angeboten, eine Untersuchung zu machen, ob eine Eignung bestehe, ob Windräder errichtet werden könnten. Untersucht werden viele Kriterien, wie Naturschutz, Vogel- und Fledermaus-Schutz oder Landschaftsschutz. „Wenn Interesse besteht, machen wir Untersuchungen. Voraussetzung ist ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderates. Wobei der Gemeinderat dann noch immer die Entscheidungsfreiheit hat, ob er eine entsprechende Flächenwidmung durchführt. Zuständig ist dafür die Gemeinde; das Land ist Aufsichtsbehörde und genehmigt nur“, erklärt Zinggl.
Entsprechende Gemeinderatsbeschlüsse seien eingelangt von Deutschkreutz, Nikitsch, Lutzmannsburg, Frankenau-Unterpullendorf, Großwarasdorf, Raiding, Lackenbach und Steinberg-Dörfl sowie – nach Bürgerbefragungen – von Mannersdorf und Horitschon. „Die Untersuchungen werden voraussichtlich nächstes Jahr starten. Der Errichtungszeitraum ist 2026 bis 2030. Es ist kein Zeitdruck gegeben“, sagte der Raumordnungs-Chef. Außerdem hänge praktisch vieles, vor allem die Wirtschaftlichkeit, auch an der vom Bund noch nicht entschiedenen Ökostromförderung.
Erweiterungen statt neuen Parks?
Von den zehn Bürgermeistern sind zwei besonders optimistisch: die von Nikitsch und Deutschkreutz. Sie haben schon einen Windpark. Und ein Standort, der grundsätzlich genehmigt ist, ist offensichtlich leichter zu bewirtschaften.
Johann Balogh aus Nikitsch verweist darauf, dass seine Gemeinde am besten für die Nutzung von Windkraft geeignet sei. Der Bürgermeister kann sich auch in den Ortsteilen Kroatisch Minihof und Kroatisch Geresdorf Projekte vorstellen.
Bürgermeister Manfred Kölly sieht außerdem eine Trendwende in der Einstellung der Bevölkerung zu Windrädern: „Während die ersten Anlagen in Deutschkreutz mit vielen, oft eigentümlichen Argumenten verhindert werden sollten, bieten jetzt Grundstückseigentümer aktiv ihre Grundstücke für neue Windrad-Standorte an. Sogar frühere Gegner der Windräder wollen jetzt mit von der Partie sein.“
Millionen für erneuerbare Energie
Leistungsstärkere und zusätzliche Windräder in Nikitsch und Deutschkreutz sind nur ein kleiner Teil der Investitionen der Energie Burgenland. Im gesamten Burgenland steige die Ökostromproduktion durch die mehr als 200 Windräder in den nächsten Jahren um 25 Prozent, teilte der Vorstandsvorsitzende der Energie Burgenland, Michael Gerbavsits, vor wenigen Wochen bei einer Pressekonferenz mit. Nach einer Milliarde Euro für die ersten zwei Windkraft-Ausbauphasen stünden jetzt für die dritte Phase 233 Millionen Euro bereit, was aber nicht alles sei: „Weitere 115 Millionen werden in die Netzkapazität, 36 Millionen in Photovoltaik-Projekte, 31 Millionen in den Fernwärmeausbau aus Biomasse eingesetzt – und 4 Millionen Euro in Innovationsprojekte.“ Mit diesen Millionen sichere sich das Burgenland seine Rolle als Vorreiter der Ökostromproduktion in Österreich, erklärte Gerbavsits. Womit wir wieder bei Greta Thunberg wären. Die „Klima-Gretl“ – wie sie oft verharmlosend bezeichnet wird – hätte sicher ihre Freude mit den Burgenländern.