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Das Virus COVID-19 löst weltweit Katastrophenstimmung aus. Ansteckungen sind zu vermeiden, Kontakte werden untersagt. Auch Österreich schaltet auf Notbetrieb. Florierende Firmen dürfen nicht offen halten, tüchtige Arbeitskräfte zittern um ihren Arbeitsplatz. Und viele Ein-Personen-Betriebe fürchten um ihre Existenz. Besonders hart trifft es die Gastronomie und Hotellerie. Ein telefonischer Rundruf im Bezirk zu den wirtschaftlichen Auswirkungen und möglichen Folgen der Corona-Krise.
„Unsere Firma steht komplett still“, stellt der Bauunternehmer Frank Pfnier aus Oberpullendorf nüchtern fest. „Ich habe mit Kunden besprochen, unsere Baustellen einzustellen. Aus Rücksicht auf die Gesundheit der Beschäftigten und aufgrund der Umstände, dass die größten Bauherren – die Oberwarter und die Pöttschinger Siedlungsgenossenschaft – selbst das Ruhen ihrer Arbeiten angeordnet haben.“
Bei Pfnier geht es um 300 Beschäftigte und um das seit mehr als 50 Jahren bestehende Familienunternehmen: „Für die Mitarbeiter wird es nach einer Art Betriebsurlaub und dem Abbau von Urlaubsansprüchen für alle Kurzarbeit geben, nachdem viele rechtliche Unsicherheiten beseitigt worden sind.“ Wenn es die Regierung erlaubt, möchte der Firmenchef mit der gesamten Mannschaft sofort weiter arbeiten. Für die Festlegung der neuen Fertigstellungs-Termine steht Frank Pfnier schon bereit.
„Die Produktion läuft auf Sparflamme, Lieferungen und Betriebe stehen vorläufig nur eingeschränkt zur Verfügung“, beschreibt Anton Putz, geschäftsführender Gesellschafter des europäischen Baustoff-Unternehmens Leier mit Sitz in Horitschon, die Lage: „Für die 250 Mitarbeiter in Österreich werden wir Kurzarbeit anmelden.“ Putz nennt, was Vorrang hat: „In den Betrieben wird alles getan, um die Gesundheit der Mitarbeiter und der Kunden zu schützen.“ Bei der Produktion sei Leier abhängig von den Auftraggebern, sagt Putz. Und bei denen stünden praktisch alle Baustellen still. Der Schwiegersohn des Firmengründers Michael Leier beobachtet aber auch die Maßnahmen in den anderen Ländern, in denen – mit insgesamt mehr als 2.500 Beschäftigten – produziert wird: „In Ungarn passiert gerade vieles, in Rumänien geschieht auch einiges. Diese Länder nehmen Österreich als Vorbild. Bei den Grenzschließungen scheint Polen sogar rigoroser zu sein.“
Die Apotheken gehören zur Krisen-Infrastruktur. In ihnen werde derzeit von den Beschäftigten viel geleistet, berichtet Mag. Dieter Schmid, der Eigentümer der Apotheke in Deutschkreutz: „Corona hat noch keine Verschlechterung der Versorgung bewirkt. Kurzfristige Probleme entstehen nur, wenn die Logistik der Verteilung überfordert ist.“ Schmid ist auch Präsident der Apothekerkammer im Burgenland und mit dem Krisenstab des Landes in ständiger Verbindung. Seine Botschaft: „Die Leute müssen keine Angst haben, sie brauchen Medikamente nicht horten. Die Versorgung mit Medikamenten ist im Normalfall gewährleistet.“ Im Mittelburgenland gibt es fünf Apotheken: in Oberpullendorf, Lockenhaus, Weppersdorf, Lackenbach und Deutschkreutz.
Auf eine schwarze Woche Mitte März blickt der Hotelier Günter Kurz zurück: „Am Mittwoch sind erste Stornos eingetroffen. Am Donnerstag, nachdem die Therme die vorübergehende Schließung bekannt gegeben hat, dann die zweite Storno-Welle, die bis Sonntag andauerte.“ Aber nicht nur in Lutzmannsburg, auch im Oberpullendorfer Hotel wurde storniert, berichtet ein verzweifelter Firmenchef. Dort wurden alle gut gebuchten Veranstaltungen abgesagt: die Tennis-Junioren-Meisterschaften, ein großes internationales Tanzturnier, ein Uni-Lehrgang und einige weitere: „Das Volumen der Stornierungen macht mehr als 300.000 Euro aus. Und das trifft mich zu einem Zeitpunkt, nachdem ich im Vorjahr mehr als zwei Millionen Euro in die Neuausrichtung des Thermenhotels gesteckt habe.“ Küche und Hotelbetrieb sind geschlossen. Für seine 62 Mitarbeiter wird er das Kurzarbeits-Modell annehmen. Günter Kurz ist auch Obmann des Tourismusverbandes Lutzmannsburg Mittelburgenland. Aus den anderen Orten erfährt er, was er in Lutzmannsburg mit eigenen Augen hört und sieht: leere Parkplätze, schlechte Stimmung und Sorgen, wie es weiter gehen soll.
„Die Stimmung ist nicht gut. Es herrscht große Unsicherheit“, erzählt Stefan Kneisz nach einigen Telefonaten mit Branchenkollegen. Der Besitzer eines Autohauses mit Standorten in Oberpullendorf und Oberwart ist besorgt über die Entwicklung: „Das Geschäft bricht weg. Ich hätte diese Woche vier Fahrzeuge ausliefern sollen. Aber die Zulassungs-Stellen sind geschlossen und ich kann nicht ausliefern. Ich bekomme vom Kunden kein Geld, aber die Fahrzeuge habe ich bezahlt.“ Kneisz weiß aus Erfahrung, dass Autokäufe verschiebbar sind. „Was ich von Jänner bis Mai nicht verkaufe, ist weg. 80 Prozent des Jahresgeschäftes wird am Jahresanfang gemacht.“ Stefan Kneisz ist auch Spitzenfunktionär in der Wirtschaftskammer, Regionalstellenobmann. Er kennt die Sorgen der Branchen: „14 Tage zusperren wird für die meisten auszuhalten sein. Aber wenn im April die Umsätze wegbrechen, kann es sein, dass viele Unternehmen zahlungsunfähig werden. Ich vermute, dass die Insolvenzen immens steigen werden!“ Die Überlegungen, durch Kündigungen Kosten zu senken, beurteilt Kneisz zwiespältig: „Es sind die Leute weg, die dann später beim Aufschwung fehlen. Und in vielen Fällen werden sofort Abfertigungen fällig.“ Viele Ein-Personen-Unternehmen als Härtefälle. Vor allem auf viele Ein-Personen-Unternehmen sieht WK-Obmann Kneisz große Schwierigkeiten zukommen: „Sie brauchen jetzt Geld, das nicht rückzahlbar ist. Das können echte Härtefälle sein. Zwei Monate darf es nicht dauern, dass nichts eingenommen wird. Durchtauchen ist meist nicht lange möglich.“ Und manche wüssten gar nicht, was auf sie zukomme, gibt sich Kneisz besorgt: „Die angekündigten finanziellen Notfallspakete werden gebraucht werden.“
„Uns geht’s noch gut. Wir produzieren noch voll mit 41 Leuten in Hammerteich-Lockenhaus“, verstrahlt Jochen Joachims, Geschäftsführer der fast 100 Jahre alten Möbelfabrik Braun, gesunden Optimismus. „Wir produzieren nur auf Bestellung. Und wir versuchen mit allen Mitteln, den Betrieb am Laufen zu halten.“ Bis Anfang April sei die Produktion ausgelastet. „Es ist schwierig – und wir verstehen gut, dass manche Kunden jetzt andere Sorgen haben, als Mobiliar zu bestellen.“ Joachims sieht die Möbelmanufaktur, die seit 15 Jahren dem deutschen Unternehmen Schneeweiss gehört, gut aufgestellt: „Was wir für die Gesundheit unserer 56 Mitarbeiter tun können, haben wir getan. Home-Office wird bei uns schon länger praktiziert. Nun gibt es im Hause einige Veränderungen. In der Verwaltung haben wir einige Mitarbeiter in andere Räume gesetzt. Und wir weisen ständig auf Vorsichtsmaßnahmen hin.“ Auch bei Außenkontakten sei man vorsichtig geworden: „Ein LKW-Fahrer, der Ware bringt, muss nicht mehr mit den Mitarbeitern und dem Haus in Kontakt kommen. Wir haben sogar ein eigenes WC zur Verfügung gestellt. Und der Postler deponiert die Post außerhalb der Firma, er bringt sie nicht mehr ins Haus hinein.“ Die Exporte laufen zum Interview-Zeitpunkt Mitte März sehr gut. „Das ist wichtig, weil wir mehr als ein Drittel unserer Objekt- und Designmöbel ins Ausland verkaufen. Die Frage ist, was kommt an neuen Aufträgen herein. Ich telefoniere regelmäßig mit den Mitarbeitern, die Kundenkontakt haben. Wir bleiben flexibel und entscheiden sofort, wenn nötig.“ Auch mit Kurzarbeit setzt sich die Geschäftsführung von Braun auseinander: „Daran denken wir, wenn die kritische, einschränkende Situation weit über Ostern hinaus andauert.“
Fotos: Tesch (2), Leier, Schmid, Kurz, Braun