Susanne Giefing liefert in Styropor-Containern mit Trockeneis. In den Verkaufstruhen hat es minus 35 Grad. Foto: Tesch
Draßmarkterin startet mitten in der Corona-Krise in die Selbständigkeit.
Susanne Giefing weiß offensichtlich, was sie will. Die 39-Jährige wechselt vom lukrativen Wertpapiergeschäft in einer Privatbank in die risikoreiche Selbständigkeit. Raus aus dem Aktienmarkt, hinein in den Handel mit einem neuartigen Eisdessert.
„Die Kinder fliegen drauf. Das Produkt überzeugt!“, gibt sich die Frau Magister aus Draßmarkt zuversichtlich. Von den massiven Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen lässt sie sich nicht irritieren: „Ich wollte mich immer selbständig machen. Dass es mich ausgerechnet in den Handel verschlagen hat, habe ich meinen Kindern zu verdanken.“ Susanne Giefing war nach ihrem Betriebswirtschaftsstudium in einer Wiener Privatbank als „Director“ für Risk Management, Compliance & Controlling verantwortlich. Der zündende Funke für die Geschäftsidee ist ihr gekommen, als sich eine ihrer beiden schulpflichtigen Töchter zum Geburtstag nichts anderes als dieses Eisdessert gewünscht hat.
Neuartiges Eis-Dessert
Es ist keine weiche, cremige Masse. „Kugerl-Ice“ nennen es die Kinder, weil eine Portion im Becher aus hunderten Eiskügelchen besteht. Durchmesser drei bis sechs Millimeter. Hergestellt nach einer patentierten Gefriertechnik. Zu lagern bei minus 45 Grad. „Es gibt zehn Geschmacksrichtungen, sechs davon auch im Packerl“, beschreibt die Jungunternehmerin ihr Angebot und hebt eine Besonderheit hervor: „Unser Eis-Dessert ist ohne künstliche Farb- und Konservierungsstoffe. Es hat nur halb so viele Kalorien wie klassisches Speiseeis. Und es gibt es auch laktosefreie Sorten.“
Das „Kugerl-Ice“ oder das gefrorene „Eis-Dessert“ – so die Bezeichnung für die Erwachsenen und im Gastronomie-Bereich – sei entstanden, als die US-Raumfahrtbehörde NASA Milch ins Weltall mitschicken wollte. Durch Forschen sei bei minus 197 Grad Celsius diese Konsistenz erzielt worden, erzählt die Unternehmerin. Und bei dieser Kälte seien keine Farb- und Konservierungsstoffe nötig, argumentiert Susanne Giefing: „Die Lagerung in der Kühltruhe zu Hause ist leider nicht möglich, weil minus 18 Grad zu wenig sind.“
Verzögerter Start
Der Eis-Produzent ist „Ice’n’go“, ein deutsch-ungarisches Unternehmen, das seit zehn Jahren auf dem europäischen Markt aktiv ist. In Österreich noch nicht vertreten, hätte jetzt im Frühjahr Frau Giefing als eine Art Generalvertreterin einen Katapult-Start für den Aufbau der Vertriebskette hinlegen wollen. Doch durch die Corona-Pandemie sei alles erstarrt: „Zum Glück haben wir einige Kunden im Jänner und Feber gewinnen können, die sich die Truhen gleich zustellen ließen“, sagt die zielstrebige Mittelburgenländerin. „Ab März sind dann alle Termine und Verkostungen abgesagt worden.“ Doch Susanne Giefing kennt solche plötzlichen Veränderungen von den Wertpapierbörsen. Sie scheint Ruhe bewahrt zu haben und hat die von niedrigen Einnahmen gekennzeichneten Corona-Wochen genutzt, um ihre Pläne zielgerichtet zu erweitern. Sie ist gerade dabei, auch schon Abnehmer in Westösterreich zu gewinnen.
Freizeitgastronomie im Visier
Die Unternehmerin zählt viele Vorteile auf, mit denen sie Verkäufer für ihre Eis-Kugerl gewinnen möchte. Es sei eine Win-win Situation für den Kunden und die Verkäufer: „Der Kunde bekommt ein schmackhaftes Eis-Dessert, welches bis dato nur schwer erhältlich war. Der Verkäufer bekommt ein fertiges Verkaufskonzept mit guten Gewinnen bei geringen Investitionen. Und für den Verkauf ist kein zusätzliches Personal nötig.“ Außerdem zähle zu ihrem Rundumservice die Lieferung einer speziellen Tiefkühltruhe, die verkaufsbereit aufgestellt werde – und die erforderlichen Nachlieferungen.
Die Jungunternehmerin weiß, wo ihre Kunden zu finden sind: „Der Eisgenuss soll mit Abenteuer und Spaß verbunden sein. Deshalb suchen wir gezielt Standorte in der Freizeit- und Erlebnisgastronomie wie in Thermen, Schwimmbädern, Vergnügungsparks, Sportstätten und Einkaufszentren.“
In den letzten Wochen habe eine große Nachfrage nach ihrem Kugerl-Ice eingesetzt und zu Kooperationen mit Gasthäusern und Bistros geführt: „Für den Spätsommer gibt es schon die ersten Anfragen für Hochzeiten und mehrtägige Veranstaltungen. Hierbei werden gefüllte Truhen geliefert und für die Dauer des Events zur Verfügung gestellt.“
Der Löffel wechselt die Farbe
„Mir macht es große Freude zu beobachten, wie Jung und Alt Gefallen daran finden, die vielen kleinen Eis-Kugerl im Mund zergehen zu lassen“, schwärmt die kurzfristig etwas eingebremste Generalvertreterin. „Doch mit Geschmacksrichtungen wie Kaugummi, Bananensplit oder Schoko-Waffel ist es ein klassisches Kinderprodukt.“ Eis mit Zuckerwatte-Geschmack ist seit zehn Jahren die beliebteste Sorte bei Kindern. Und Eislöfferl, die während des Essens überraschend die Farbe wechseln, sind im Päckchen inkludiert und werden gerne zu Hause weiterverwendet.
Der Start in die Selbständigkeit war unverschuldet ruppig. Wertvolle Zeit hat Susanne Giefing unmittelbar vor der Eis-Saison nicht aktiv nutzen können. Doch glaubt die Jungunternehmerin aus Draßmarkt an den großen Erfolg ihres Eis-Geschäftes: „Das Produkt hat das Potenzial, neben den großen Eis-Konzernen flächendeckend zu bestehen.“