Obmann Kevin Ohr (2.vr). Foto: Obstverein Mannersdorf
Ein Mannersdorfer Verein will die Streuobstwiesen als Kulturlandschaft rund um das Dorf erhalten.
„Wir haben 300 Streuobstbäume neu ausgepflanzt. Langsam aber doch vergrößern sich die Baumbestände wieder. Einige Parzellen wurden bereits in Wiesen umgewandelt und wieder mit alten Obstbäumen bepflanzt.“ Stolz berichtet der 28-jährige Kevin Ohr über die Leistungen in den letzten drei Jahren. Er ist Obmann des Obstbauvereines Mannersdorf, eines traditionellen, 20 Jahre ruhend gestellten Vereins, der wieder aktiviert wurde – also neu gegründet.
Streuobstflächen verschwunden
Einige Personen im Ort hätten erkannt, dass die Kulturlandschaft in Mannersdorf an der Rabnitz schleichend verloren zu gehen droht, erzählt Kevin Ohr. Aufgeschreckt und aktiviert habe sie eine Analyse. „Wir haben Luftbilder aus dem Jahr 1957, auf denen gut zu erkennen ist, dass in der Mannersdorfer Hügellandschaft etwa 240 Hektar Streuobstwiesen existierten,“ sagt Kevin Ohr. „Derzeit sind nur mehr 6 bis 8 Prozent der Streuobstflächen vorhanden.“
Harte Kritik klingt durch: In den letzten Jahren sei der Verlust der ökologisch wertvollen Streuobstflächen aufgrund weiterer Intensivierung der Landwirtschaft, Zusammenpachtungen und Profitgier noch weiter vorangetrieben worden. Auch von Biobauern. „Momentan bestehen noch rund 26 Hektar Streuobstwiesen – eingestreut mit Rainen, Gebüschen, Hecken, Hohlwegen und kleinen Ackerparzellen. Es fehlen jedoch sehr viele Baumbestände zwischen 10 und 30 Jahren, die jetzt in die am besten ertragsfähige Zeit eines Streuobstbaumes kommen würden. Einige Jahrzehnte war leider das Interesse extrem gering, neue Bäume nachzupflanzen“, berichtet der Vereinsobmann.
Erhaltung durch Nutzung
Die Vereinsmitglieder haben sich viel vorgenommen: Sortenerhaltung, Baumpflege, Schnittkurse, Fachvorträge und Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Und sie wollen das Obst auch verwerten. Seit Kurzem steht den Vereinsmitgliedern zumindest eine kleine Obstpresse zu Verfügung, freut sich Obmann Ohr: „Wir denken, dass das Interesse weiter steigt, wenn man den Leuten auch die Möglichkeit bietet, das geerntete Obst auch in größeren Mengen etwa zu Saft, Most oder anderen Produkten zu verarbeiten.“
Das Vereinsprinzip ist „Erhaltung durch Nutzung“. Mit einer kleinen Streuobstwiese könnte man sich und die ganze Familie mit gesundem pestizidfreien Obst versorgen und nebenbei leistet man einen Beitrag zum Klimaschutz, gegen das Insektensterben und für den Erhalt der Artenvielfalt.
Viele Aktivitäten
Der Verein organisiert jährlich eine Obstwiesenwanderung. Diese ist mittlerweile sehr beliebt – und fördert den sanften Tourismus. Heuer musste sie aufgrund der Corona-Einschränkungen abgesagt werden.
Im Vorjahr wurde erfolgreich ein Bauernmarkt veranstaltet – mit Direktvermarktern aus der Region, einer Apfelsortenschau und frisch gepresstem Streuobstsaft.
Besonders wichtig ist dem Verein die Sortenfeststellung sowie die Erhaltung und Dokumentation der alten Sorten. Besonders bei den Kirschen und Mostbirnen geht man davon aus, dass einige Sorten unbekannt sind. Hierbei dürfte es sich um alte Regionalsorten handeln.
Gerade jetzt im Herbst wird wieder eine Sammelbestellung an Obstbäumen organisiert, da die Nachfrage nach wie vor ungebrochen ist.
Die „Schneeflocke“ erhalten
Auf den Streuobstwiesen rund um den Ort findet man am häufigsten Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschken, Weichsel und Walnüsse. Geringe Baumbestände gibt es von Marillen, Pfirsichen, Mispeln, Speierling und Quitten. Bei den Kirschen wachsen unter vielen anderen Sorten die Antonikirschen und die Schulmeisterkirsche. Hierbei dürfte es sich um alte Regionalsorten handeln, die in keiner Literatur zu finden sind.
Auf eines ist Vereinsobmann besonders stolz: „Wir haben die Apfelsorte ‚Schneeflocke’ weiter vermehrt und mehrere Bäume davon ausgepflanzt. Unseres Wissens existierten nur noch ein bis zwei Altbäume.“
Einzelbäume als Zeitzeugen
Besonders erhaltenswert sind auch die in der Landschaft verstreuten Einzelbäume. Diese mächtigen Bäume sind Zeitzeugen aus einer anderen Zeit und erinnern noch an die riesigen Streuobstbestände von damals.
Naturjuwele sollen heranwachsen
Der reaktivierte Obstbauverein hat zur Zeit 31 Mitglieder, der jüngste ist 26, der ältest 73 Jahre alt. Zwei von drei Mitgliedern seien aktiv an der Vereinsarbeit beteiligt, erwähnt Obmann Kevin Ohr, der selbst Vertragsbediensteter in Wien und Nebenerwerbslandwirt ist. Ohr wünscht sich, dass das Interesse weiter steigt: „Ich hoffe, dass es gelingt, den Leuten zu vermitteln, dass die vielen kleinen Flächen kaum Erträge in der Landwirtschaft bringen. Und dass andererseits ohne viel Aufwand daraus kleine Naturjuwele entstehen könnten, die man zum Verweilen und zur Erholung nutzen kann.“ Und wie nebenbei würden die Mannersdorfer mit einer reichlichen Obsternte und vielen verschiedenen Obstsorten belohnt.