Gabriele Hafner bei Bundeskanzler Sebastian Kurz. Foto: BKA
Gabriele Hafner aus Lockenhaus berichtet, wie sie mit ihrer Parkinson-Krankheit umgeht. Mit diesem öffentlichen Erzählen will sie den ebenso von der Schüttellähmung Betroffenen Mut machen. „Man muss sich nicht daheim verstecken“, sagt die Präsidentin der Österreichischen Parkinson-Selbsthilfe im Gespräch mit Hans Tesch.
Frau Hafner, wie geht es Ihnen? Wie meistern Sie persönlich diese chronische Krankheit?
Die Diagnose „Morbus Parkinson“ hat mein Leben verändert. Aber schon die Suche nach der Diagnose war eine Qual. Seit 12 Jahren lebe ich nun schon mit der unheilbaren Krankheit. Heuer im Jänner hat mir mein Neurologe einen sogenannten Hirnschrittmacher eingesetzt. Dieser versetzt mir Stromstöße ins Gehirn und bremst dadurch die Überaktivitäten ein. Jetzt brauche ich nur noch die Hälfte der Medikamente von früher. Und ich kann sagen, dass es mir eigentlich sehr gut geht!
Wichtig ist, meinen Zugang zu erwähnen: Ich kämpfe nicht gegen die Krankheit an, ich akzeptiere was ist und integriere es in meinen Alltag. Leider ist Parkinson nicht heilbar, nur behandelbar. Mit Medikamenten können Symptome unterbunden oder gemildert werden.
Wie sind Sie darauf gekommen, was Sie haben? Was war auf einmal anders?
Zwei Jahre lang haben sich Symptome bemerkbar gemacht, wie Zittern am ganzen Körper, eine Versteifung der Muskulatur oder eine Verlangsamung des Gangbildes. Es war mir nicht mehr möglich, mit beiden Händen auf der Computertastatur zu schreiben. Beim Haare waschen habe ich bemerkt, dass meine linke Hand ruhig liegen blieb und sich nicht bewegen ließ. Bei Tätigkeiten, die ich mit beiden Händen gleichzeitig ausführen musste, zitterte mein Körper! Und diesen körperlichen Verfall hat auch meine ‚Außenwelt’ wahrgenommen.
Und die Ärzte haben Ihnen nicht sagen können, was Sie haben?
Natürlich war ich unter ärztlicher Betreuung, habe aber keine Diagnose bekommen! Bis ich im Fernsehen eine Talkshow gesehen habe! Da hat eine Frau über ihre Krankheit gesprochen. Eine Frau mit 40 Jahren und Parkinson? Ich war wie gefesselt, das war exakt auch meine Geschichte.
Das Fernsehen hat Sie auf die Diagnose Parkinson gebracht?
Ja. Zum Glück gibt es Menschen, die in der Öffentlichkeit über ihr Schicksal sprechen und so anderen helfen beziehungsweise Mut machen. Ich bin der Überzeugung, dass Berichte dieser Art sehr vielen Betroffenen und auch Suchenden weiterhelfen! Da ich durch dieses TV-Interview zu meiner Diagnose fand, ist es mir sehr wichtig, in der Öffentlichkeit über meine Erkrankung „Morbus Parkinson“ zu reden. Und wenn nur eine Person dadurch zur Diagnose findet oder sich im Gesagten oder Geschriebenen wiederfindet.
„Warum jetzt, mit 40 – in der Blüte meines Lebens?“
Hat man Ihnen dann gezielt helfen können?
Mir ging es gesundheitlich nicht gut. Eine Untersuchung nach der anderen. Und während der Suche nach einer Diagnose ist mein körperlicher Verfall fortgeschritten. Ich war vorbereitet auf Schlimmes. Die Diagnose war dann sogar wie eine „Erleichterung“ und kein Schock. Endlich hatte mein Zustand einen Namen, „Morbus Parkinson“, und ich konnte eine Therapie beginnen. Die Medikamente wirkten sehr rasch und meine Parkinsonsymptome wurden besser!
Wie haben Sie reagiert?
Die Diagnose „Morbus Parkinson“ hat eine totale Wende in meinem Leben eingeleitet. Ich habe mir viele Fragen gestellt: „Warum jetzt, mit 40 – in der Blüte meines Lebens?“ Viele Antworten habe ich im Parkinsonforum im Internet gefunden – und in Wien bei einer Selbsthilfegruppe für „jünger Erkrankte“ Parkinson-Patienten. Ich lernte mehr Parkinson-Patienten kennen und nahm auch an Veranstaltungen österreichweit teil. Mein „Parkinson Netzwerk“ erstreckte sich bald über das ganze Bundesgebiet! 2010 gründete ich im Burgenland eine Selbsthilfegruppe und danach den Landesverband der Parkinson Selbsthilfe. Als Obfrau des Landesverbandes war ich automatisch im Vorstand des Dachverbandes der Parkinson Selbsthilfe Österreich. 2016 wurde ich dann von diesem zur Präsidentin gewählt.
Was ist Ihr Anliegen? Welche Ratschläge geben Sie Betroffenen?
Ich will Betroffenen Mut machen. Ich gebe vieles weiter, was ich selbst erfahren oder persönlich gemacht habe: Trotz chronischer Erkrankung ist es wichtig zu leben. Man muss sich nicht daheim verstecken! Ich habe ein Buch über meine Krankheit und meine Symptome geschrieben. Und aus diesem habe ich an von mir einberufenen Leseabenden in Lockenhaus vorgelesen. Man soll seine Krankheit nicht verstecken. Und man soll das Beste aus seinem Leben machen.
Es heißt, die ersten Symptome kommen lange vor dem Zittern. Welche frühen Symptome werden heute nicht erkannt?
Schwierig zu sagen! Jeder hat seinen eigenen Parkinson – es gibt viele unterschiedliche Facetten.
Was sind die besonderen Herausforderungen bei Parkinson?
Ich würde sagen, die Bewältigung des Alltages! Sei es im Haushalt oder im Garten. Körperliche Arbeiten gehen einem Parkinson-Patienten nicht mehr so einfach und rasch von der Hand wie früher! Man ist ziemlich schnell erschöpft.
Auch psychisch erschöpft. Man leidet auch am äußeren Erscheinungsbild: Der Körper ist nach vorne gebückt und zittert, die Mimik ist starr.
Was tut Ihnen „weh“? Welche„falschen“ oder unangebrachten Reaktionen stellen Sie in der Gesellschaft heute noch fest?
Dass man des Öfteren als alkoholisiert angepöbelt wird, weil man langsamer ist, weil man zittert oder beim Gehen ins Wanken kommt. Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit ist nötig. Man soll Menschen nicht im Vorhinein aufgrund ihrer Behinderung beziehungsweise ihres Anderssein verurteilen.
Sie haben nach der Handelsakademie als AUA-Hostess gearbeitet, sind verheiratet und haben zwei erwachsene Töchter. Sie üben anspruchsvolle öffentliche Funktionen aus: Sie sind Präsidentin der österreichweiten Selbsthilfegruppe, seit sechs Jahren Vizebürgermeisterin in Lockenhaus und seit drei Jahren Landesleiterin der ÖVP-Frauen im Burgenland. Wie schaffen Sie das?
Wichtig ist mir zu erwähnen, dass ich nie ein Amt aktiv angestrebt habe, sie wurden mir angeboten – ich musste mich nur entscheiden! Parkinson hat mein Leben total verändert – auf eine Art und Weise auch positiv! Seit meiner Erkrankung bin ich selbstbewusster geworden. In meinen verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen gehe ich auf. Durch den Kontakt mit anderen Betroffenen, mit Menschen im Allgemeinen, habe ich den Sinn meines Lebens gefunden. Ich schöpfe meine Kraft durch meine Tätigkeiten im sozialen Bereich, im Umgang mit Menschen. Die Wertschätzung und Dankbarkeit, die mir hier entgegengebracht wird, erfüllen mein Herz und bestätigen meinen Einsatz. Ich hatte Glück, Menschen mit Herz kennenzulernen, Menschen in deren Nähe ich mich wohlfühle.
Was wäre Ihr persönlicher, innigster Wunsch?
Natürlich Gesundheit!
PARKINSON – KURZ UND BÜNDIG
Parkinson ist eine der bekanntesten und häufigsten Nervenkrankheiten. In einem bestimmten Bereich des Gehirns sterben langsam fortschreitend Nervenzellen ab, was meist zu Bewegungsstörungen („Schüttelkrankheit“) führt. In Österreich sind etwa 20.000 Menschen von Parkinson betroffen, im Burgenland rund 60. Die Krankheit wird überwiegend im sechsten Lebensjahrzehnt diagnostiziert – doch ca. 10 % der Patienten sind bei der Diagnoseerstellung unter 45 Jahre alt.
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